Selbstwirksamkeitserwartung im BGM gezielt stärken

Definiert wird die Selbstwirksamkeitserwartung (SWE) als die Überzeugung, Anforderungssituationen aufgrund eigener Kompetenzen bewältigen zu können.

Wichtig ist es dabei zu beachten, dass es nicht um Anforderungen geht, die durch einfache Routinen zu bewältigen sind wie etwa die Fahrt zur Arbeitsstätte oder die Zubereitung des morgendlichen Kaffees. Sondern vielmehr um neue oder schwierige Anforderungssituationen, die Anstrengung und Ausdauer erfordern, wie beispielsweise die Änderung des Ernährungsverhaltens oder auch des Bewegungsverhaltens.

Damit bekommt die sozial-kognitive Theorie, aus der das vorliegende Verständnis der Selbstwirksamkeitserwartung hervorgeht, auch für das Betriebliche Gesundheitsmanagement eine entscheidende Schlüsselrolle.

Steigerung der Selbstwirksamkeitserwartung

In einer Studie von Heinrich et al. (2017) mit 161 Mitarbeitenden konnte eine signifikante Steigerung der Selbstwirksamkeitserwartung durch ein 6-monatiges Konzept in den Bereichen Bewegung, Ernährung, Kommunikation und Entspannung erreicht werden. Insbesondere die multimodale bzw. multidisziplinäre Ausrichtung scheinen einen positiven Einfluss zu haben. Mir et al. (2019) bestätigen die Bedeutung der SWE innerhalb verschiedener gesundheitspsychologischer Modelle.

Mit dem Blick auf ein strategisches BGM ergibt sich nun die Frage, welche Möglichkeiten zur Stärkung der Selbstwirksamkeitserwartung bestehen.

Bandura (1997) beschreibt dabei vier wesentliche Quellen für den Erwerb der SWE:

  • Erfolgserlebnisse sind das stärkste Mittel. In Maßnahmen der Gesundheitsförderung sollte darauf geachtet werden, dass die TN Erfolge verzeichnen, die sie ihrer persönlichen Anstrengung und Fähigkeit zuschreiben. Dadurch ist zu beachten, dass diese Erfolge möglichst über Nahziele organisiert werden sollten, um schnell Erfolgserlebnisse zu ermöglichen.

 

  • Im BGM wird jedoch häufig über Vorträge gearbeitet. In den Vorträgen sollten neben der Verwendung von Fotos/Videos von realen Arbeitsplätzen des jeweiligen Unternehmens, insbesondere Verhaltensmodelle genutzt werden, die zur Nachahmung empfohlen werden. Eine Chance ist es, Modellpersonen einzusetzen, die den TN in Alter, Geschlecht usw. möglichst ähnlich sind. Diese Modelle können dann über eine detaillierte Beschreibung der eigenen Probleme und den Umgang mit diesen die Zuhörer in ihrer eigenen SWE beeinflussen. Nutzen Sie gerne Kollegen/-innen, die bereits einige Wochen ein gewünschtes Verhalten erfolgreich umsetzen und den anderen zeitlich voraus sind.

 

  • Schwächer, allerdings dennoch geeignet, ist die Überredung. Getreu dem Motto „Du kannst das“. Hierbei ist zu beachten, dass die Überredung von jemandem angewendet wird, der aus Sicht des TN kompetent ist. Innerhalb von BGF-Maßnahmen sind dies häufig Physiotherapeuten/-innen, Fitnesstrainer/-innen oder auch Betriebsärzte.

 

  • Die Wahrnehmung von Emotionen stellt die vierte Quelle dar. Nimmt ein TN beispielsweise mit Blick auf die neuen Ernährungsziele Angst oder Sorge wahr, könnte daraus geschlossen werden, dass die eigene Kompetenz nicht ausreicht. Wer jedoch den gesetzten Sportplänen gelassen entgegenschaut, könnte daraus schließen, über die nötigen Kompetenzen zu verfügen. Hier kann ein Emotionsmanagement, integriert in die BGM-Maßnahmen, unterstützend wirken und helfen, die eigenen Emotionen richtig wahrzunehmen und einzuordnen.

 

Insbesondere bei der Konzeption von Maßnahmen der Individualprävention ist es sinnvoll, Grundlagen der Gesundheitspsychologie zu beachten. Denn gerade die Erreichung der vulnerablen Zielgruppe macht in einem erfolgreichen BGM den Unterschied. Die DHfPG bietet mit dem Bachelorstudium Gesundheitsmanagement und dem Masterschwerpunkt Betriebliches Gesundheitsmanagement einen spannenden Einstieg in die professionelle Konzeptentwicklung und Begleitung von Veränderungen in der Gesundheitsförderung.

Quellen:

Bandura, A. (1997). Self-efficacy: The ecercise of control. New York: Freeman

Heinrich, C., Grünhagen, M., Köhler, M. & Weisser, B. (2017). „Work Ability Index“ und Selbstwirksamkeitserwartung. Prävention und Gesundheitsförderung, 12(1), 54–60. https://doi.org/10.1007/s11553-016-0555-0

Mir, E., Ratz, T. & Lippke, S. (2019). Sozial-kognitive Theorien und Modelle des Gesundheitsverhaltens – Problemlagen und Potenziale in der Gesundheitsförderung und Prävention für Menschen mit Demenz. In D. Gebhard & E. Mir (Hrsg.), Gesundheitsförderung und Prävention für Menschen mit Demenz. Grundlagen und Interventionen (S. 75–90). Berlin: Springer. https://doi.org/10.1007/978-3-662-58130-8_5